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Warum es Hunderte Gebärdensprachen gibt

Auf der Welt gibt es Hunderte Gebärdensprachen – das sind die, die man mit den Händen spricht. Warum so viele? „Hätten sich die Gehörlosen nicht auf eine Zeichensprache einigen können?“ – Dieser Tenor ist gefehlt, denn: Auch Gebärdensprachen sind Zufallsprodukte der Natur. Menschen, üblicherweise Gehörlose oder deren (hörende) Kinder, erwerben eine Gebärdensprache normal wie Lautsprachen als Muttersprache.

Österreichische, Deutschschweizer und Deutsche Gebärdensprache

Es existieren darum auch unterschiedliche Sprachen, ungeachtet von politischen Landesgrenzen. Einziger Unterschied: Gebärdensprachen kann man nicht mit den Ohren hören, sondern mit den Augen lesen. In Österreich gibt es viele Österreichisch-gebärdensprachige, genau 10.000-12.000 (Wikipedia). Deutschlands Gehörlose gebärden zum großen Teil in der Deutschen Gebärdensprache – mit etwa 100.000 Muttersprachlern.

Die durch Lautsprachen (also Deutsch, Schweizerdeutsch, Wienerisch …) entstehenden Gesellschaftsgruppen, manchmal ganze Nationen, markieren auch die Grenzen für Gebärdensprachen. Das hat den Grund, dass Lautsprachen immer noch primär für Staats- und Verwaltungsfunktionen dienen – schlicht wegen ihrer viel größeren Sprecherzahlen. Gebärdensprachen entwickeln sich dann in diesen lautsprachlich-definierten Gesellschaftsgruppen. Schulen wie im Landeshörgeschädigtenzentrum Vorarlberg in der Nähe der Staatsgrenzen zu Deutschland, der Schweiz und zu Liechtenstein, sind der Schauplatz von Vermischung nationalgebärdensprachlicher Eigenschaften aus ÖGS, DSGS und co.

Jetzt in die Eidgenossenschaft: Dort gibt es die Deutschschweizer Gebärdensprache. Sie ist um nichts näher an der Lautsprache Deutsch als etwa an der Lautsprache Französisch. (Vielmehr ist der Vergleich der grammatischen Ordnungen zwischen Gebärden- und Lautsprachen auf Laienniveau Zeitvergeudung). Wegen der erst sprachlichen, dann gesellschaftlichen und dann eben wieder gebärdensprachlichen Gruppen/Nationenbildung, existiert etwa in der sogenannten französischsprachigen Schweiz auch eine andere Gebärdensprache. Wichtig dabei ist: Gebärdensprache und Lautsprache in der Welschschweiz haben nicht mehr miteinander zu tun, als etwa Welsche Gebärdensprache und Schweizerdeutsch oder DSGS und Französisch.

Dialekte

Es wären Gebärdensprachen keine Sprachen, fände man nicht Varianten davon. In den Lautsprachen heißt soetwas dann Dialekt, bei Gebärdensprachen schlicht auch. Etwa anhand des Worts „kennenlernen“ ist der Unterschied exemplarisch zu sehen:

  1. Website des Schweizer Gehörlosenbunds: Online-Lexikon
  2. auf „Varianten“ (linke Spalte) klicken und nach dem Wort „kennenlernen“ suchen (oben)

 

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